Das Breithorn mit dem Breithorngletscher.

Der leichteste Viertausender der Alpen

Eine Hochtour auf das Breithorn


30. August 2015 • Autor: red.


Übersicht

Dieser Bericht behandelt die Besteigung des Breithorn in den Walliser Alpen. Der Ausgangspunkt dieser beliebten Hochtour ist das Matterhorn Glacier Paradise am Klein Matterhorn. Von dort steigen wir gemeinsam mit unserem Zermatter Bergführer über den mächtigen Breithorngletscher hinauf zum aussichtsreichen Westgipfel des Breithorn. Nach einer wohlverdienten Gipfelpause geht es anschließend über dieselbe Route wieder hinab zur Seilbahnstation am Klein Matterhorn.

Schwierigkeit: LGPS-Route: DownloadWanderkarte: Kompass 117

Ein Morgen in Zermatt

Es ist kurz vor sieben Uhr morgens. Die Sonne hält sich zwar noch hinter den verschneiten Gipfeln der Walliser Alpen versteckt, doch zumindest eine laue Brise fegt bereits durch das verschlafene Mattertal. Jetzt, am frühen Morgen, sind die Straßen Zermatts (1600m) fast wie ausgestorben – nur ich und mein Begleiter sind bereits auf den Beinen. Zusammen wollen wir heute einmal ganz hoch hinaus, nämlich auf das Breithorn (4164m). Der stark vergletscherte Gipfel gilt unter Alpinisten als der leichteste Viertausender der Alpen und ist speziell bei Anfängern sehr beliebt. Technisch ist die Besteigung zwar nicht sonderlich schwer, doch ganz ungefährlich ist die Unternehmung nicht. In der Vergangenheit haben insbesondere plötzliche Wetterumschwünge immer wieder unerfahrenen Bergsteigern das Leben gekostet – und so sind wir doch leicht nervös, als wir die Talstation der Zermatter Bergbahn (1638m) erreichen.

Das Breithorn und das Kleine Matterhorn.

Das Breithorn bei Zermatt gilt als einer der leichtesten Viertausender im Alpenraum.

In bester Begleitung

Hier treffen wir uns mit Beat, einem echten Zermatter Urgestein. Er wird uns heute als Bergführer zur Seite stehen und dafür sorgen, dass wir auf dem Weg zum Breithorn (4164m) nicht in einer Gletscherspalte verschwinden. Nachdem wir unsere Seilbahntickets am Ticketschalter abgeholt haben, lotst er uns gewohnt locker über den Vorplatz und stellt uns die anderen Mitglieder der Seilschaft vor. Ein Pärchen aus Franken sowie zwei Österreicher werden uns heute begleiten. Neugierig fragen wir herum, ob jemand schon einmal so eine Hochtour gemacht habe, doch genau wie wir sind auch die anderen alles Gletscher-Novizen. Damit ist das Eis gebrochen! Vor den anderen blamieren werden wir uns heute zumindest nicht. Mal abgesehen davon, dass wir unsere Klettergurte heute Morgen falsch herum angelegt haben ...

Bildergalerie: Breithorn

Seilbahngedränge

Während wir uns noch locker mit Beat und den anderen unterhalten, trudelt auch schon unsere Gondel ein. Zügig zwängen wir uns in die enge Kabine und rauschen von dannen. Zunächst geht es für uns hinauf zur Bergstation Furi auf 1871 Metern, wo wir zum ersten Mal umsteigen müssen. In einer etwas größeren Kabine fahren wir anschließend weiter zum Trockenen Steg (2940m) und – nach einem weiteren Seilbahnwechsel – hinauf zum Klein Matterhorn (3883m). Wie so oft sind auch heute die Kabinen wieder brechend voll. Dicht an dicht pressen sich gleich mehrere Dutzend Skifahrer und Bergsteiger in die eigentlich geräumigen rot-weißen Gondeln. Doch beim Anblick des vorbeiziehenden Matterhorn (4478m) zu unserer Rechten ist das Gedränge schnell vergessen. Nach wenigen Minuten Fahrt erreichen wir schließlich unsere Endstation: das Matterhorn Glacier Paradise (3831m). Knappe 2200 Meter Höhenunterschied haben wir nun schon hinter uns – und das merkt man! Die Luft hier oben ist deutlich dünner. Zum Glück haben wir gestern in weiser Voraussicht eine kleine Akklimatisierungstour auf das Unterrothorn (3103m) eingelegt und kommen nun mit der geringeren Sauerstoffsättigung doch relativ gut zurecht.

Die Seilbahn zum Klein Matterhorn.

Mit der Seilbahn fahren wir zunächst zum Matterhorn Glacier Paradise am Klein Matterhorn.

Die letzten Vorbereitungen

Endlich öffnen sich die Türen der Kabine und das dichte Gedränge löst sich auf. Während sich die Skifahrer noch im Inneren des Zugangstunnels umziehen, treffen wir uns mit dem Rest der Seilschaft im Eingangsbereich. Bevor es jetzt gleich hinaus auf den Gletscher geht, heißt es die letzten Vorkehrungen treffen. Unsere Begleiter legen noch einmal schnell eine Toilettenpause ein, und wir? Wir ziehen uns erst einmal unsere Klettergurte richtig herum an… „Wenn ihr mir erzählt hättet, dass ihr öfter in den Bergen unterwegs seid… Ich hätte es euch nicht abgekauft.“, scherzt Beat und hilft uns mit den Verschlüssen. Nachdem der Gurt dann endlich richtig sitzt, kramen wir noch schnell ein Paar Handschuhe, eine Mütze und eine Tube Sonnencreme aus dem Rucksack hervor. Die Steigeisen hingegen lassen wir vorerst unberührt. „Die werden wir erst in einer Dreiviertelstunde brauchen“, erklärt uns Beat. Stattdessen reicht er uns ein paar Karabiner und seilt uns aneinander. Jetzt kann es endlich losgehen!

Auf dem Breithorngletscher

Im Gänsemarsch spazieren wir unter einem Skilift hindurch und betreten den mächtigen Breithorngletscher. Glücklicherweise haben wir unsere Sonnenbrillen nicht vergessen, denn die gigantischen Schnee- und Eismassen zeigen sich heute Morgen in einem nahezu unerträglich gleißendem Weiß. Da zudem die Sonne hoch steht und keine Wolken am Himmel zu sehen sind, ist die Gefahr groß, an Schneeblindheit zu erkranken. Aus Neugier hebe ich die Sonnenbrille dann aber doch für ein paar Sekunden an – und bin erstaunt, wie unfassbar grell Schnee strahlen kann. Wer es nicht selbst erlebt hat, kann es sich wohl kaum vorstellen. Bevor meine Augen irgendeinen Schaden nehmen, lass ich die Brille schnell wieder herunter und konzentriere mich wieder auf den Weg. Bis jetzt ist der Marsch über den Gletscher nicht sonderlich anspruchsvoll, und wir kommen flott voran. „Ein paar Spalten gibt es hier oben zwar schon“, erklärt uns Beat, „aber diese lassen sich leicht umgehen.“ Das hören wir gerne! Entspannt ziehen wir auf der weiten Ebene des Eisfeldes weiter gen Osten und lassen dabei gleich mehrere andere Seilschaften schnell hinter uns.

Der Breithorngletscher.

Der gigantische Breithorngletscher breitet sich vor uns aus.

Atemloser Schlussanstieg

Nach etwa 40 Minuten erreichen wir schließlich den Gipfelaufbau. Bevor wir uns jetzt gleich in steileres Gelände wagen, wird es Zeit für die Steigeisen. Unter den wachsamen Augen Beats zurren wir die Stahlzacken an unseren Stiefeln fest, dann wenden wir uns dem Schlussanstieg zu. Auf einer gut ausgetretenen Spur geht es jetzt den steilen Hang hinauf. Dabei passieren wir auch eine stattliche Gletscherspalte, die uns jedoch vor keine größeren Probleme stellt. Lediglich der geringe Sauerstoffgehalt macht sich schön langsam bemerkbar, und wir kommen ordentlich ins Schnaufen. Doch mittlerweile ist das Ziel so nah, dass wir auf die Zähne beißen.

Eine Gletscherspalte am Breithorn.

Beim Schlussanstieg wartet eine Gletscherspalte auf uns.

Umringt von Giganten

Breithorn (Westgipfel)
LandSchweiz | Italien
GebirgeWalliser Alpen
KammMonte-Rosa-Massiv
Höhe4164 m
Koordinaten45°56′27″N, 07°44′53″E

Ein paar Minuten später ist es dann geschafft: Wir stehen auf dem Westgipfel des Breithorn (4164m), unserem ersten Viertausender! Zufrieden klatschen wir einander ab und genießen den herrlichen Moment. „Da habt ihr den perfekten Tag für eure Tour erwischt. Selten ist die Aussicht so gut wie heute“, erklärt uns Beat. „Tip-top!“, wie die Schweizer sagen. Aufmerksam lauschen wir unserem Bergführer, als er anschließend die geradezu unzähligen Felszacken und Gletscherriesen benennt, die sich vor unseren Augen ausbreiten. Der Mont Blanc (4810m), das Matterhorn (4478m), der Dent Blanche (4357m), die Dufourspitze (4634m), Castor (4223m) und Pollux (4092m) – ja, sogar der Gran Paradiso (4061m) lässt sich von hier oben noch erkennen. Im Vergleich zu diesen Giganten wirkt das Unterrothorn (3103m), das wir gestern erst bestiegen haben, wie ein lächerlicher Hügel. Eingerahmt wird das fantastische Bergpanorama von den imposanten Gletscherzungen der Westalpen. Lange bleiben wir stehen und genießen die fantastische Aussicht.

Das Panorama vom Breithorn nach Westen.

Im Westen können wir bis zum Mont Blanc (hinten links) blicken.

Das Panorama vom Breithorn nach Osten.

Im Osten wälzt sich der Görnergletscher neben der Dufourspitze ins Tal.

Das Panorama vom Breithorn nach Südwesten.

Im Südwesten liegt uns der mächtige Breithorngletscher zu Füßen.

Das Panorama vom Breithorn nach Norden.

Im Norden zeigt sich uns das Mattertal sowie der Görnergrat.

Abstieg und Abschied

Nachdem wir noch schnell ein Gipfelfoto unserer Seilschaft geschossen haben, wird es aber dann doch langsam Zeit für den Rückweg. Während Beat uns beim Aufstieg noch führte, macht er jetzt den Schlussmann – zur Sicherheit. Denn sollte jetzt beim Abstieg einer von uns stürzen, hat er so mehr Zeit, um zu reagieren. Doch glücklicherweise kommt es nicht soweit. Problemlos erreichen wir in wenigen Minuten wieder den Fuß des Gipfelaufbaus. Etwas abseits des Weges entledigen wir uns der Steigeisen und legen unsere erste richtige Pause ein. Lange bleiben wir im Schnee sitzen, trinken etwas Tee aus der Thermosflasche und reden mit Beat über Zermatt und das Leben als Bergführer.

Der Rückweg zum Klein Matterhorn.

Der Abstieg führt uns wieder zum Klein Matterhorn zurück.

Bevor wir uns dann aber doch noch einen Sonnenbrand einfangen – die Sonne strahlt immer noch gnadenlos vom Himmel herab – nehmen wir die Schlussetappe in Angriff. Mit flotten Schritten jagen wir jetzt wieder über den Breithorngletscher zurück in Richtung Klein Matterhorn (3883m). Mein Begleiter und ich sind mittlerweile wieder so schnell unterwegs, dass Beat uns gelegentlich etwas bremsen muss. Und so trudeln wir am Schluss doch wieder recht gemütlich an der Bergstation ein. Das war’s also! Zufrieden lösen wir das Seil aus unseren Karabinern und verstauen unsere Ausrüstung wieder in den Rucksäcken. Für ein paar Minuten stehen wir noch alle beieinander und reden über unsere nächsten Ziele, dann heißt es Abschied nehmen. Zumindest für den Moment – denn nächstes Jahr, so haben wir uns spontan entschlossen, wollen wir gemeinsam mit Beat den nächsten Viertausender in Angriff nehmen.

StationenDistanzDifferenzZeit
Klein Matterhorn
→ Breithorn (Westgipfel) ✝ +2,7 km 354 m ↑ 10 m ↓ +1h 30m
→ Klein Matterhorn+2,7 km 10 m ↑ 354 m ↓ +1h 20m
Gesamt 5,4 km 364 m ↑ 364 m ↓ 2h 50m