Der Blick von Horseshoe Bay auf Bowen Island im Howe Sound.

Ein Ausflug nach Bowen Island

Die Besteigung des Mount Gardner


03. Juni 2013 • Autor: red.


Übersicht

Dieser Bericht beschreibt die Besteigung des Mount Gardner auf Bowen Island. Die Wanderung beginnt am Fährterminal von Snug Cove. Von dort geht es zunächst über die Mt. Gardner Road zum Einstieg des Hiker’s Trail. Dieser führt uns in Kombination mit dem wilden Skid Trail zum Südgipfel. Aufgrund mangelnder Aussicht ziehen wir jedoch schnell weiter zum nahegelegenen Nordgipfel. Dort wartet ein fantastischer Ausblick auf Vancouver und die Sunshine Coast auf uns. Der Abstieg erfolgt schließlich über den Handlogger Trail.

Schwierigkeit: T2GPS-Route: Download

Ein Geheimtipp

Wer dem geschäftigen Großstadttreiben Vancouvers einmal entfliehen möchte, dem sei ein kurzer Tagesausflug nach Bowen Island empfohlen. Dort kann man nicht nur die beiden Gipfel des Mount Gardner (758m, 719m) erklimmen oder in einsamen Seen etwas Erfrischung suchen, sondern auch sonst Kanada von seiner schönsten Seite kennenlernen.

Anreise

Vom Stadtzentrum der Pazifikmetropole Vancouver aus empfiehlt sich eine Fahrt mit dem Expressbus #257 zur Horseshoe Bay, welche nördlich von Vancouver liegt. Von dort verkehrt nahezu stündlich die BC Ferry zwischen dem Fährenterminal und dem kleinen Inselparadies. Während der Überfahrt über den ruhigen Howe Sound lohnt es sich, einen Platz auf dem oberen Deck zu ergattern, um den Blick auf die kleinen vorbeiziehenden Inseln sowie die schneebedeckten Bergketten entlang der Küstenlinie in voller Pracht genießen zu können.

Die Horseshoe Bay.

Zunächst geht es per Fähre von der Horseshoe Bay nach Bowen Island.

“Welcome to Snug Cove”

Nach 20 Minuten ist es dann endlich geschafft, und die Fähre legt auf Bowen Island an. “Welcome to Snug Cove” heißt es auf einem metallenen Torbogen, der die Touristen und Pendler am Pier begrüßt. Wir befinden uns also in Snug Cove: einer kleinen, idyllischen Ortschaft an der Ostküste Bowen Islands. Linkerhand finden wir eine Handvoll Geschäfte und Restaurants. Doch wir wenden uns zunächst nach rechts, um die Tourist Information in der Cardena Road aufzusuchen. Hier wollen wir uns nicht nur eine Karte der Insel besorgen, sondern uns auch über den Zustand der Wege zum Mount Gardner (758m) sowie über die Gefahrenlage durch Bären informieren.

Unterwegs zum Hiker’s Trail

Nachdem wir nun für die Besteigung des Mount Gardner (758m) gerüstet sind, müssen wir erst einmal zum Einstieg des Hiker’s Trail gelangen. Da es auf dem kleinen Inselparadies keinen öffentlichen Nahverkehr gibt, stehen uns nur zwei Möglichkeiten zur Verfügung. Entweder wir wandern 2,5 km auf der Mt. Gardner Road entlang, oder wir suchen uns eine Mitfahrgelegenheit als Anhalter. Das sogenannte Hitchhiken ist auf Bowen Island gang und gäbe, und es gibt am Wegesrand sogar einige Straßenschilder, die auf diese Möglichkeit von A nach B zu kommen hinweisen. Wir entscheiden uns heute jedoch für die sportliche Variante und marschieren zunächst zu Fuß weiter. Über die einsame Straße geht es nun hinein ins Innere der Insel. Nur gelegentlich fährt ein Auto oder ein alter gelber Schulbus an uns vorbei und durchbricht die ansonsten paradiesische Idylle. Grünende Bäume säumen den Weg, und Himbeersträucher verdecken den Blick auf einen hell sprudelnden Bach, der sich rechterhand der Straße seine Bahn sucht. Nach etwa 20 Minuten erreichen wir das Südufer des Killarney Lake, der zwar leider nicht zum Schwimmen einlädt, aber doch einige Picknicker angelockt hat. Wir stoppen nur kurz und folgen weiter der Mt. Gardner Road. Nach weiteren zehn Minuten erreichen wir schließlich den Einstieg zum Hiker’s Trail.

Die Mt. Gardner Road auf Bowen Island.

Locker geht es über die einsame Mt. Gardner Road zum Killarney Lake.

Die Qual der Wahl

Zunächst geht es eine steinige Forststraße steil hinauf, die links und rechts von einigen Häusern gesäumt wird. Allerdings gabelt sich der Weg nach wenigen Minuten, und wir müssen entscheiden, welche Route wir nehmen wollen. Linkerhand führt uns der Skid Trail über Stock und Stein auf schmalen Pfaden durch den Forst. Rechterhand steht mit dem Handlogger Trail eine etwas leichtere Route über eine breit ausgebaute – jedoch äußerst steile – Forststraße zur Verfügung. Wir folgen der Empfehlung der Tourist Information und wählen für den Aufstieg zunächst den weniger steilen, aber dafür anspruchsvolleren Skid Trail.

Die grüne Hölle des Skid Trail

Von nun an geht es auf schmalen Pfaden durch den Regenwald. Überall entlang des Weges wuchern grüne Farne und andere interessante Pflanzen, und die alteingesessenen Bäume formen ein dichtes Blätterdach, das uns vor der brütenden Sonne Schutz bietet. Nichtsdestotrotz kommen wir bei über 30°C ordentlich ins Schwitzen. Als wir nach einigen Minuten auch noch feststellen, dass unsere Wasservorräte sehr knapp sind, müssen wir notgedrungen unsere Getränke rationieren. Leider ist auch kein Bächlein in Sicht, wo wir unsere Flaschen wieder füllen könnten. Nichtsdestotrotz marschieren wir frohen Mutes weiter durch den dichten Wald. Doch je tiefer wir ins Herz der Insel vorstoßen, desto wilder und rauer wird der Weg. Während der Weg zu Beginn noch gut präpariert und somit leicht erkenntlich war, verliert sich der richtige Pfad bald in der dicht wuchernden Wildnis. Von Wegmarke zu Wegmarke (rote Bänder, Punkte an Baumstämmen) müssen wir uns also von nun an hangeln. Dies kostet uns sehr viel Aufmerksamkeit und Konzentration, aber wir wollen uns auch nicht mit unseren geringen Wasservorräten in der grünen Hölle verlaufen.

Bildergalerie: Mount Gardner

Was für ein Ausblick!

Obwohl wir eine Wanderkarte dabei haben, kostet uns die Wegsuche mehr Zeit als erwartet. Zudem ist uns, seit wir die Mt. Gardner Road verlassen haben, keine Menschenseele mehr über den Weg gelaufen. Und auch die stetig sinkenden Wasservorräte tragen nicht zu unserem Komfort bei. Ja, langsam beginnt unser Adrenalinpegel etwas zu steigen. Doch plötzlich wird der Weg wieder besser erkenntlich und wir kommen glücklicherweise wieder etwas flotter voran. Über die Ostflanke des Mount Gardner (758m) wandern wir gen Süden. Dabei lichtet sich auch der Forst gelegentlich, und wir erhaschen einen unglaublichen Ausblick auf den Howe Sound und Vancouver. Was für eine paradiesische Gegend! Auf einen Schlag sind all unsere Sorgen wieder vergessen. Wir genießen die tolle Aussicht für einige Momente, ehe wir weiter marschieren.

Der unscheinbare Südgipfel

Mt. Gardner (South Peak)
LandKanada
InselgruppeHowe Sound Islands
InselBowen Island
Höhe758 m
Koordinaten49°22′35″N, 123°23′25″W

Dann ist es soweit und der Südgipfel (758m) rückt endlich in Schlagweite. Leider verliert sich jedoch kurz unterhalb des Gipfels der Weg wieder, und wir müssen uns durch allerlei Gesträuch und Gestrüpp kämpfen. Umgestürzte Bäume und dichtes Geäst versperren uns mehrfach den Zutritt zum heiß ersehnten Gipfel. Nichtsdestotrotz finden wir einen Weg nach oben und erreichen – 90 Minuten nachdem wir auf dem Hiker’s Trail eingebogen sind – den höchsten Punkt der Insel. Jedoch ist hier oben nicht sehr viel geboten. Einzig ein kleines Steinmännchen lässt uns wissen, dass wir den Gipfel erreicht haben. Die Aussicht ist jedoch aufgrund der dichten Bewaldung leider nicht erwähnenswert. Dies ist für uns aber keine Überraschung, da wir an der Tourist Information bereits darauf vorbereitet wurden.

Der deutlich schönere Nordgipfel

Mt. Gardner (North Peak)
InselBowen Island
Höhe719 m
Dominanz0,4 km →
Mt. Gardner (South Peak)
Lage49°22′45″N, 123°23′17″W

Aufgrund der mangelnden Aussicht gibt es für uns keinen Grund, auf dem Südgipfel (758m) lange zu verweilen. Stattdessen setzen wir uns wieder in Bewegung und marschieren gen Norden. Nach zehn Minuten durch dichten und wilden Wald erreichen wir schließlich nach langer Zeit wieder ein Zeichen der Zivilisation. Vor uns ragt plötzlich eine riesige Antenne dem Himmel entgegen. Der Nordgipfel (719m) ist erreicht! Nachdem wir die eingezäunte Antenne kurzerhand links liegen lassen, kommen wir zu einer hölzernen Plattform, die normalerweise als Helikopterlandeplatz dient. Dort setzen wir uns nieder und genießen die absolut traumhafte Aussicht. Während am Südgipfel nichts außer Bäume zu sehen war, blicken wir nun auf die wunderschöne Sunshine Coast. Ruhig liegt der mächtige Howe Sound, der uns vom Festland trennt, zu Füßen. Die schneebedeckten Gipfel der Coast Mountains laden zu einem tollen Panorama ein, und in einiger Ferne sehen wir die faszinierende Skyline von Vancouver.

Der Blick von Mount Gardner auf die North Shore Mountains.

Im Osten zeigen sich nicht nur die North Shore Mountains, sondern auch Vancouver.

Auf der anderen Seite des Gipfels – westlich vom Helipad gelegen – können wir hinüber bis Vancouver Island blicken. Eingerahmt von einigen Nadelbäumen blicken wir hinüber auf die malerische Küstenlinie der Sunshine Coast, die vom Mount Elphinstone (1266m) dominiert wird. Spätestens jetzt ist der anstrengende und problematische Aufstieg vollkommen vergessen. Ja, selten waren wir in einer idyllischeren und schöneren Gegend unterwegs!

Der Blick von Mount Gardner auf die Sunshine Coast.

Im Westen ragen die Gipfel der Sunshine Coast über dem ruhigen Howe Sound heraus.

Der Abstieg

Nachdem wir einige Zeit auf dem Nordgipfel (719m) verbracht haben, wird es Zeit wieder abzusteigen. Immerhin müssen wir noch unsere Fähre erreichen. Diesmal wählen wir den Abstieg über den Handlogger Trail – in der Hoffnung, dass dieser Weg weniger verwildert ist. Zwar müssen wir auch hier zunächst gelegentlich nach Wegmarken suchen, doch schließlich erreichen wir eine breit ausgebaute und steile Forststraße. Nach einer knappen Stunde landen wir wieder auf der Mt. Gardner Road, wo wir vor einigen Stunden unsere Wanderung begannen. Zunächst marschieren wir zu Fuß wieder Richtung Snug Cove, doch nach einigen Minuten hält ein SUV an, und der Fahrer fragt uns, ob wir mitfahren wollen. Freudig sagen wir ja und beenden unseren Ausflug bei einem kleinen Plausch mit dem Ortsansässigen.

Fazit

Wer dem regen Treiben der kanadischen Küstenmetropole Vancouver einmal entkommen will, dem sei ein Tagesausflug nach Bowen Island nahe gelegt. Von Touristen relativ wenig beachtet bietet das kleine Inselparadies alles, was das Herz begehrt. Spaziergänge durch verträumte Küstenorte, Picknicke am Killarney See, oder eben eine Wanderung auf den Mount Gardner – hier stehen den Ausflüglern viele Optionen zur Auswahl.

Speziell der Aufstieg zum Mount Gardner, dem höchsten Punkt der Insel, ist eine reizvolle Unternehmung, die man problemlos an einem halben Tag bestreiten kann. Zum Fuß des Berges gelangt man entweder zu Fuß oder per Anhalter. Von dort an stehen den Wanderern mit dem Skid Trail und dem Handlogger Trail zwei sehr unterschiedliche Aufstiegswege zur Verfügung. Speziell der Skid Trail ist durch seinen verwilderten Charakter eher für anspruchsvolle Wanderer geeignet, während Gelegenheitswanderer lieber auf den Handlogger Trail ausweichen sollten. Wer es schließlich ganz nach oben schafft, kann gleich zwei Gipfel besuchen: den Südgipfel und den Nordgipfel. Allerdings kommt man nur auf Letzerem wirklich auf seine Kosten. Der Ausblick vom Nordgipfel auf die Sunshine Coast ist einfach sagenhaft und sucht seinesgleichen.

StationenDistanzDifferenzZeit
Snug Cove
→ Killarney Lake +2,5 km59 m ↑24 m ↓+0h 20m
→ Mt. Gardner (South Peak) ✝ +6,1 km783 m ↑60 m ↓+1h 40m
→ Mt. Gardner (North Peak) ✝ +0,2 km13 m ↑52 m ↓+0h 10m
→ Snug Cove +9,6 km47 m ↑766 m ↓+1h 10m
Gesamt 18,4 km902 m ↑902 m ↓3h 20m