Der Blick vom Gipfel des Puig de Galatzó über die Westküste.

Mallorquinischer Auftakt

Die Besteigung des Puig de Galatzó


30. April 2019 • Autor: red.


Übersicht

Dieser Bericht beschreibt die Besteigung des Puig de Galatzó in der Serra de Tramuntana. Unsere Wanderung beginnt an der Ma-10 südlich von Estellencs. Von einer unscheinbaren Parkbucht aus geht es über den Boal de ses Serveres, den Font de Dalt und den Pas de na Sabatera schnell hinauf zum Gipfel des Galatzó. Unsere Mühen werden mit einem schönen Ausblick über den Südwesten Mallorcas belohnt. Der anschließende Rückweg führt uns über den Pas de na Sabatera, den Coll de sa Moleta Rasa und den Pas des Cossi wieder zurück zu unserem Wagen.

Schwierigkeit: T3GPS-Route: DownloadWanderkarte: Kompass 230

Willkommen auf Mallorca

Direkt nach unserer mitternächtlichen Landung in Palma de Mallorca machen wir uns auf den Weg in die Serra de Tramuntana, den höchsten Gebirgszug der beliebten Balearen-Insel. Hier wollen wir in den nächsten Tagen nicht nur Land und Leute kennenlernen, sondern auch eine ganze Reihe lohnender Wanderungen unternehmen. Zum Auftakt haben wir uns mit dem Puig de Galatzó (1027m) den markantesten Berg im Südwesten der Insel ausgesucht.

Aussprache und mehr:

Auf Mallorca wird ein spezieller Dialekt der Katalanischen Sprache gesprochen: Mallorquinisch. Das Wort puig, das in vielen Bergnamen an erster Stelle steht, bedeutet ‘Hügel’ und wird wie das deutsche Wort Putsch ausgesprochen.

Nachtschwärmerei

Es ist 01:19 Uhr, als wir den Ausgangspunkt unserer Tour erreichen: den unscheinbaren Kilometerpunkt 97 auf der Ma-10 zwischen Estellencs und Andratx. Direkt am Fuße des Fernwanderwegs GR 221 stellen wir unseren Wagen am Straßenrand (290m) ab und machen uns abmarschbereit. Es ist eine friedliche Nacht, und ein herrliches Sternenzelt spannt sich über die verschlafene Westküste.

Mit gut gepackten Rucksäcken machen wir uns auf den Weg. Im Schein unserer Stirnlampen stapfen wir den Schotterweg hinauf und halten Ausschau nach einem geeigneten Platz für ein kurzes Nachtlager. Außer unseren Schritten und dem sanften Rauschen des Windes ist nichts zu hören.

Das Nachtlager

Unterhalb der Wand des Es Morralàs finden wir nach einer halben Stunde eine gut versteckte Stelle zum Biwakieren. Da sich über 90 Prozent des Tramuntana-Gebirges in privater Hand befinden, wird Wildcampen in der Regel nicht gerne gesehen und ist oft sogar verboten. Als Minimalisten haben wir aber eh nur eine Isomatte und einen Schlafsack dabei. Ein paar Bedenken habe ich dennoch. »Wir stehen einfach um 06:00 Uhr auf,« sagt mein Begleiter lapidar, während er den Boden nach Skorpionen und Schlangen absucht. »Um diese Zeit ist noch niemand unterwegs. Dann passt das schon.«

Die Isomatte ist schnell aufgeblasen, der Schlafsack schnell ausgerollt. Unter dem lichten Blätterdach der Aleppo-Kiefern liegen wir noch ein paar Minuten da und bestaunen die Milchstraße, die am Firmament vorüberzieht, dann schläft mein Begleiter ein. Ich mache heute Nacht hingegen kein Auge zu. Doch der Morgen lässt zum Glück nicht lange auf sich warten.

Das Sternenzelt über dem Puig de Galatzó.

Ein prächtiges Sternenzelt steht über unserem Nachtlager.

Ein neuer Morgen

Nach langem Hin- und Hergewälze schäle ich mich um 06:00 Uhr aus meinem Schlafsack und schaue mich um. Jetzt im ersten Licht des Tages sieht man die Umgebung gleich mit völlig neuen Augen. Mein wandernder Blick stoppt jedoch abrupt bei einem jungen Mann, der ein paar Meter über uns steht und herunterwinkt. Soviel dazu, dass um diese Zeit noch niemand unterwegs ist… Ich begrüße ihn mit einem sorgenvollen »Hola«, dann zieht der Mann aber auch schon weiter. Nach dieser doch eher merkwürdigen Begegnung wecke ich meinen Begleiter.

Die Morgenluft ist angenehm kühl, und ein sanfter Wind fährt durch das Blätterdach. Während der Wanderweg noch im Schatten liegt, hat das erste Morgenlicht die Kalksteinklippen des Es Morralàs über uns bereits in ein sattes Orange getaucht. Und auf dem tiefblauen Hintergrund des Himmels zeichnet sich ein abnehmender Sichelmond ab.

Der Es Morralàs im ersten Morgenlicht.

Die ersten Sonnenstrahlen streifen über die Klippen des Es Morralàs.

Köhlerplätze und Aussichtspunkte

Um 06:20 Uhr machen wir uns wieder auf den Weg, der uns schon bald am Boal de ses Serveres (405m) vorbeiführt. Neben Tischen und Bänken entdecken wir auf dem weitläufigen Rastplatz auch eine alte Trockensteinhütte. Hier lebten einst Köhler — mundsprachlich auch Carboners genannt — und verwandelten die allgegenwärtigen Steineichen zu Holzkohle.

Direkt bei der alten Köhlerhütte gabelt sich der Weg. Rechterhand geht es steil den Pas des Cossi hinauf, linkerhand zieht sich ein steiniger Pfad relativ ebenerdig in Richtung Font de Dalt. Wir entscheiden uns für die zweite Option. Doch letztlich spielt die Wahl kaum eine Rolle, denn beide Wege führen letzten Endes hinauf zum Puig de Galatzó (1027m).

Hinter ein paar Zwergpalmen am Wegesrand entdecken wir schon bald zwei kleine Aussichtspunkte, darunter den Mirador de ses Serveres, die uns einen ersten Blick über die malerische Westküste erlauben. Zwischen dicht bewaldeten Hügeln breiten sich die Straßen von Estellencs zu unseren Füßen aus. Dahinter erstreckt sich der tiefblaue Teppich des Mittelmeers.

Der Blick vom Mirador de ses Serveres aufs Mittelmeer.

Vom Mirador de ses Serveres haben wir einen schönen Blick hinab auf die Westküste.

Der Kessel von Estellencs

Ein steiniger Pfad führt uns im Anschluss, vorbei an steilen Felswänden und jähen Abgründen, an der Nordflanke des Berges entlang. Gegen 07:20 Uhr entdecken wir linkerhand einen kleinen Felskopf (464m), der den Kessel von Estellencs überblickt. Da uns langsam der Magen knurrt, verlassen wir spontan den Hauptweg und erklimmen mit ein paar bedachten Handzügen die wilde Kalksteinformation. Neben ein paar Weißen Meerzwiebeln und einem Stechwacholder, die in den tiefen Felsfurchen eine Heimat gefunden haben, machen wir es uns gemütlich und holen unseren Proviant heraus. Die Aussicht von hier oben ist hervorragend! Während Estellencs noch im Schatten liegt, hat die Sonne die umliegenden Kiefernhaine bereits in ein warmes Gelb gehüllt.

Bildergalerie: Puig de Galatzó

Am Font de Dalt

Gute 20 Minuten bleiben wir sitzen und genießen den Ausblick, dann wenden wir uns wieder dem Aufstieg zu. Dieser führt uns nun weiter nach Osten, vorbei an verfallenem Mauerwerk, bis wir schon bald die Abzweigung zum Font de Dalt erreichen. Während mein Begleiter schnell zu dem kleinen Quellbrunnen hinüberwandert, gönne ich mir im Schatten der alten Steineichen noch einmal eine kleine Verschnaufpause, hole eine Handvoll Gummibären aus meinem Rucksack, und lese ein paar Seiten aus Eichendorffs Taugenichts, den ich mir als Wanderlektüre mitgenommen habe. Nach einer Viertelstunde kommt mein Begleiter auch schon zurück. »Also da hast Du nichts versäumt«, ruft er mir mit einem enttäuschten Kopfschütteln entgegen.

Der Steineichenwald am Font de Dalt am Puig de Galatzó.

Rund um den Font de Dalt prägen Steineichen das Bild.

Pause am Pas de na Sabatera

Wiedervereint setzen wir unseren Aufstieg fort. Der Wald wandelt sich schon bald zur Macchia, und die Macchia zur Garigue. Während wir dem schmalen Pfad durch das allgegenwärtige Diss folgen, wandert unser Blick immer wieder hinab zum Mittelmeer, das sich zu unseren Füßen ausbreitet. Nach zahlreichen Kehren und Kurven erreichen wir gegen 08:40 Uhr schließlich den Pas de na Sabatera (715m).

Der Weg zum Pas de na Sabatera.

Der Pfad zum Pas de na Sabatera macht Lust auf mehr.

Während es rechterhand zurück zum Boal de ses Serveres, schlängelt sich der Weg zum Puig de Galatzó (1027m) linkerhand hinauf. Bevor wir allerdings die Schlussetappe in Angriff nehmen, gönnen wir uns auf der schlichten Holzbank, die unter dem Felsüberhang steht, noch einmal eine kurze Trinkpause. Doch allzu lange wollen wir hier nicht verweilen, denn das Wetter scheint sich langsam zu drehen. Über dem Puig de Planícia (941m) im Norden hat sich bereits eine mächtige Wolkenfront gebildet.

Ziegen, die auf Männer starren

Mit geschulterten Rucksäcken wenden wir uns wieder den engen Serpentinen zu, die uns weiter die grüne Bergflanke hinaufführen. Aus dem hüfthohen Diss entlang des Weges beobachten ein paar verwilderte Bergziegen unseren langsamen Aufstieg.

Verwilderte Bergziegen am Puig de Galatzó.

Eine Bergziege genießt die Aussicht auf Estellencs.

Während aus Westen bereits die ersten schmalen Wolkenbänder über uns hinwegtreiben, erreichen wir einen weiteren Sattel (825m). Im erdigen Grund zeigt sich noch das Fundament der alten Brandwache, die hier einst stand. Direkt dahinter entdecken wir einen Wegweiser, der den Aufstieg zum Gipfel mit gerade einmal 25 Minuten bemisst.

Die felsige Schlussetappe

Wie beflügelt setzen wir unseren Aufstieg fort. Unter dem würzigen Duft der blau blühenden Rosmarinsträucher betreten wir nun das felsige Schlussterrain. Ein steiniger Weg führt uns schon bald zu einer weiten Felsrinne, in der sich gerade eine andere Wandergruppe nach oben arbeitet. Mein Begleiter steigt ihnen direkt hinterher, ich gönne mir hingegen noch einmal eine kurze Verschnaufpause. Das Schlafdefizit macht sich bei mir langsam bemerkbar. Schließlich überwinde aber auch ich die Rinne.

Das felsige Schlussstück am Puig de Galatzó.

Kurz unterhalb des Gipfels wartet eine weite Felsrinne auf uns.

Der Gipfel des Puig de Galatzó (1027m) scheint nun wirklich greifbar. Von oben kann ich bereits die Stimmen der anderen Wanderer vernehmen, die ihre Besteigung lautstark feiern. Ich hadere aber zunächst noch etwas mit der Wegfindung. Das Kalkstein-Chaos, das sich vor mir ausbreitet, zeigt sich bar jeder Markierung. Erst nach einigem Suchen finde ich den korrekten Zustieg. Der Rest ist reine Formsache: ein paar beherzte Griffe, dann öffnet sich der Blick und der Gipfel liegt vor mir.

Das Wolkenspiel am Gipfel

Puig de Galatzó
LandSpanien
InselMallorca
GebirgeTramuntana-Gebirge
Höhe1027 m
Koordinaten39°38′00″N, 02°29′00″E

Meinen Begleiter entdecke ich neben der Triangulationsstange, die den höchsten Punkt des Puig de Galatzó (1027m) markiert. Erschöpft von den Strapazen des noch jungen Tages stapfe ich zu ihm hinüber und werfe meinen Rucksack ab.

Während er noch mit seiner Kamera herumspielt, verfolge ich fasziniert das wechselhafte Spiel der Wolken. Immer mehr Stratokumuli treiben jetzt vom Meer herein und zaubern dunkle Schatten auf die kargen Flanken der Moleta de s’Esclop (928m). Während über der malerischen Südwestküste bei Andratx noch die Sonne scheint, hat sich über dem Puig de Planícia (941m) im Norden schon ein dunkler Wolkenteppich breitgemacht. Auch im Osten, wo uns die Wälder und Hügel der Serra de Tramuntana zu Füßen liegen, sieht es recht düster aus.

Der Blick vom Puig de Galatzó aufs Tramuntana-Gebirge im Osten.

Ein dichtes Wolkenband spannt sich über das Tramuntana-Gebirge im Osten.

Der Blick vom Puig de Galatzó auf Andratx im Süden.

Der Blick nach Süden macht einen noch etwas freundlicheren Eindruck.

Der Anfang vom Ende

Mallorca im Zeitraffer
(In Kooperation mit APTP)

Eine Dreiviertelstunde bleiben wir noch sitzen und schauen uns das Schauspiel an, dann wird es langsam Zeit zu gehen. Mittlerweile freuen wir uns schon auf ein ordentliches Mittagessen, irgendwo in einem der schönen Küstenorte zu unseren Füßen.

Nach 40 Minuten sind wir wieder am Pas de na Sabatera (715m), wo wir den vertrauten Weg schließlich verlassen. Um ein paar neue Eindrücke zu gewinnen, wollen wir nicht wieder über den Font de Dalt absteigen, sondern wenden uns jetzt dem Pas des Cossi zu. Ein leicht abfallender Trampelpfad führt uns diesem durch eine grün-graue Landschaft aus Gras und Fels entgegen.

Der Weg zum Coll de sa Moleta Rasa am Puig de Galatzó.

Ein wunderschöner Pfad führt uns in Richtung Coll de sa Moleta Rasa.

Der Pas des Cossi

Kurz vor dem Coll de sa Moleta Rasa (618m), den ein Hain aus Aleppo-Kiefern ziert, begegnen wir einer deutschen Wandergruppe. Sie wollen wissen, ob sich ein Aufstieg bei der jetzigen Witterung noch lohnt. Da immer mehr Wolken über das Tramuntana-Gebirge hinwegziehen, zögern wir etwas. Doch solange es nicht regnet, sollten sie keine Probleme haben. Während die Wanderer weiterziehen, legen wir noch einmal eine kleine Pause ein und beobachten die Segelschiffe, die vor der Küste vorüberziehen.

Der Weg in Richtung Pas de Cossi am Puig de Galatzó.

Über den Pas des Cossi geht es wieder zurück zum Boal de ses Serveres.

Dann geht es für uns nur noch bergab. Vor uns breitet sich bereits der gebogene Weg zum Pas des Cossi aus, über den wir pünktlich zur Mittagszeit wieder den Rastplatz am Boal de ses Serveres erreichen. Ein warmer Wind weht durch die blühenden Steineichen am Wegesrand.

Abschied vom Galatzó

Nach einer weiteren Viertelstunde auf dem vertrauten Schotterweg erreichen wir endlich wieder unseren Wagen. Zufrieden hieven wir die Rucksäcke zurück in den Kofferraum, kurbeln die Fenster herunter, und verabschieden uns vom Puig de Galatzó (1027m) — unserem ersten mallorquinischen Gipfelerfolg.

Unser nächster Stopp ist das malerische Fischerdorf Sant Elm, wo uns nicht nur ein paar mallorquinische Leckereien erwarten, sondern auch ein kurzer Wanderausflug zum Torre de Cala en Basset.

StationenDistanzDifferenzZeit
Ma-10 (Kilometer 97)
→ Boal de ses Serveres +1,0 km115 m ↑ 0 m ↓+0h 35m
→ Pas de na Sabatera +3,8 km408 m ↑ 98 m ↓+2h 10m
→ Puig de Galatzó ✝ +1,0 km312 m ↑ 0 m ↓+0h 50m
→ Pas de na Sabatera +1,0 km 0 m ↑312 m ↓+0h 40m
→ Coll de sa Moleta Rasa +1,3 km 21 m ↑118 m ↓+0h 35m
→ Boal de ses Serveres +1,0 km 0 m ↑213 m ↓+0h 30m
→ Ma-10 (Kilometer 97) +1,0 km 0 m ↑115 m ↓+0h 15m
Gesamt 10,1 km856 m ↑856 m ↓5h 35m