Das Panorama vom Gipfel des Puig de Massanella.

Mallorquinischer Höhepunkt

Die Besteigung des Puig de Massanella


01. Mai 2019 • Autor: red.


Übersicht

Dieser Bericht behandelt die Besteigung des zweithöchsten Berges von Mallorca. Unsere Wanderung beginnt am Coll de la Batalla nahe Lluc. Von dort geht es über den Coll de sa Línia und die weitläufige Schnee-Ebene Pla de sa Neu hinauf zum Puig de Massanella, wo wir eine lange Gipfelpause einlegen. Nachdem wir auch noch zwei Nebengipfel abgeklappert haben, steigen wir über den Font d’es Avenc wieder hinab zu unserem Startpunkt.

Schwierigkeit: T3GPS-Route: DownloadWanderkarte: Kompass 230

Unterwegs zum nächsten Abenteuer

Nach einer schlaflosen Nacht am Cap Formentor, dem nördlichsten Punkt von Mallorca, sind wir kurz nach Sonnenaufgang wieder unterwegs ins Tramuntana-Gebirge. Aus dem Autoradio dröhnt Bob Dylans Positively 4th Street, und das erste Licht des Tages streicht über die verwaisten Landgüter entlang der Provinzstraße. Es ist ein herrlicher Morgen!

Ein Sonnenaufgang am Cap Formentor auf Mallorca.

Unser Tag beginnt mit einem herrlichen Sonnenaufgang am Cap Formentor.

Unser Ziel für heute ist der Puig de Massanella (1364m), der zweithöchste Berg der Baleareninsel. Nur der Puig Major (1445m) überragt ihn. Da dieser aber in einem militärischen Sperrgebiet liegt, markiert der Massanella den höchsten Punkt Mallorcas, den man tatsächlich besteigen kann.

Magenknurren am Coll de la Batalla

Es ist gerade einmal 07:30 Uhr, als wir den Coll de la Batalla (576m), kurz hinter dem Wallfahrtsort Lluc, erreichen. Auf der kleinen Nebenstraße vor dem Restaurant Ca’n Gallet stellen wir unseren Wagen ab und machen uns abmarschbereit. Allzu gerne würden wir noch schnell für ein Frühstück einkehren, doch leider öffnet die Gaststätte erst um 09:00 Uhr ihre Pforten. Auch das Restaurant Coll de sa Bataia, direkt neben der Tankstelle, hat noch geschlossen. Und so ziehen wir erst einmal mit knurrenden Mägen los. Hinter der Brücke, die sich über den Torrent de Comafreda spannt, verschwinden wir in die Wildnis des Tramuntana-Gebirges.

Das Restaurant Coll de sa Bataia nahe Lluc.

Das Restaurant am Coll de la Batalla hat leider noch geschlossen.

Die Finca de Comafreda

Ein breite Forststraße führt uns durch den schattigen Bergwald sanft nach oben, bis wir nach 20 Minuten und einigen Kehren vor einem Metallgatter mit der Aufschrift »Finca Privada« landen. Der weitere Weg führt wieder einmal durch ein Privatgrundstück. Über eine kleine Holzstiege klettern wir über die Trockensteinmauer und werden dahinter direkt von einem älteren Herrn begrüßt, der von seinem Kiosk aus wachsam den Besucherstrom kontrolliert. Sechs Euro pro Nase verlangt er von uns als Wegzoll. Ungerührt zahlen wir den Obolus und ziehen weiter.

Immer am leisen Plätschern des Torrent de Comafreda entlang geht es nun durch einen alten Steineichenwald nach Westen. Schon bald lassen wir das eigentliche Landgut, die Finca de Comafreda, rechterhand liegen und erreichen eine Weggabelung. Direkt dahinter blitzt der Es Frontó de Comafreda (1063m), ein imposantes Horn aus mesozoischem Kalkgestein, in den strahlend blauen Maihimmel.

Der Es Frontó de Comafreda im Tramuntana-Gebirge.

Mächtig baut sich der Es Frontó de Comafreda vor uns auf.

Der Coll de sa Línia

Mallorca im Zeitraffer
(In Kooperation mit APTP)

Während es rechterhand weiter zum Puig d’en Galileu (1195m) geht, halten wir uns links und folgen dem Pfad in Richtung Coll de sa Línia (824m). Auf dem Weg dorthin kommen wir mit einem älteren Briten ins Gespräch, der uns einige der lokalen Vögel vorstellt. Speziell die Nachtigallen, die in den morgendlichen Stunden noch über den Waldboden hopsen, scheinen es ihm angetan zu haben.

Gegen 08:40 Uhr erreichen wir schließlich den Coll de sa Línia, wo sich der Weg wieder einmal verzweigt. Im schützenden Schatten des Blätterdaches legen wir eine kurze Trinkpause ein, ehe wir den Anstieg zum Puig de Massanella (1364m) beginnen.

Auf den Serpentinen, die sich den steilen Bergwald hinaufziehen, kreuzen anfangs noch so einige Wanderer und Läufer unseren Weg. Doch schon bald sind nur noch mein Begleiter und ich übrig, und wir beginnen uns zu wundern, ob wir uns wieder einmal verfranst haben.

Bildergalerie: Puig de Massanella

Pause mit Panorama

Nach einer Hangquerung kommen wir schließlich an einem Felsvorsprung vorbei, der einen herrlichen Blick über die halbe Insel bietet. Da wir mittlerweile hungrig werden, suchen wir uns ein schönes Plätzchen auf dem warmen Kalkstein und legen eine kleine Brotzeitpause ein. Während wir einen prüfenden Blick in die Wanderkarte werfen, um sicherzustellen, dass wir noch auf dem richtigen Weg sind, spaziert der ältere Brite hinter uns vorbei und grüßt uns mit einem Lächeln. Ganz verkehrt können wir also nicht sein. Bevor wir dem einsamen Wanderer hinterherfolgen, holen wir noch schnell die Sonnencreme heraus, denn schon jetzt spüren wir die Wucht der Sonne auf unserer Haut.

Eine Pause am Puig de Massanella mit Blick über das mallorquinische Tiefland.

Von einem Felsvorsprung aus genießen wir den Blick über das mallorquinische Tiefland.

Kalkstein-Kraxelei

Am Avenc des Camí (1004m) gabelt sich der Weg schließlich. Geradeaus geht es hinüber zum Font d’es Avenc (1120m), rechterhand hinauf zur Pla de sa Neu (1200m), der Schnee-Ebene. Egal wie wir uns entscheiden, beide Wege führen weiter zum Puig de Massanella (1364m). Einstimmig beschließen wir, den Aufstieg über die Schnee-Ebene anzugehen. Dem grün-weißen Wegweiser nach soll der Anstieg zum Hochplateau gute 60 Minuten dauern.

Der Bergwald, der nun vor uns liegt, wird immer lichter, und schon bald lassen wir die letzten schattenspendenden Bäume hinter uns. Der Sonne schutzlos ausgeliefert baut sich vor uns schon bald eine steile Felswand auf. Wilder Rosmarin und scharf-stachelige Balearen-Stechwinde bevölkern die tiefen Karren, die der Regen über Jahrtausende in den hellen Kalkstein gefräst hat.

Der Anstieg zur Schnee-Ebene Pla de sa Neu am Puig de Massanella.

Der Anstieg zur Schnee-Ebene erfordert schon bald Handeinsatz.

Die Schnee-Ebene

Nach ein paar anspruchsvollen Kraxeleinlagen erreichen wir nach gerade einmal 25 Minuten die Schnee-Ebene. Auch wenn man es sich bei der heutigen Hitze kaum vorstellen kann, können die Winter hier oben in der Serra de Tramuntana äußerst schneereich sein. Einst gab es hier oben nicht weniger als neun Schneehäuser, die von den sogenannten Nevaters (dt. ‘Schneemänner’) genutzt wurden, um Schnee für den Sommer einzulagern. Dieser wurde dann nach und nach talwärts gebracht, wo er nicht nur von Lebensmittelhändlern zur Konservierung, sondern auch von Krankenhäusern zur Behandlung eingesetzt wurde.

Die Schnee-Ebene Pla de sa Neu am Puig de Massanella.

Leicht kraxelnd erreichen wir die weitläufige Schnee-Ebene.

Statt einer verschneiten Landschaft breitet sich vor uns heute jedoch lediglich ein gelb-grüner Teppich aus hüfthohem Dissgras aus, das weite Teile der verkarsteten Hochebene überzieht. Auf dem Felshang rechterhand schmiegen sich zwei einsame Gemeine Eiben aneinander, und linkerhand blickt eine Ziegenmutter mit ihrem Kitz von einem Felsvorsprung über das mallorquinische Tiefland hinweg.

Der Blick von der Schnee-Ebene Pla de sa Neu zum Puig de Massanella.

Die Gipfel des Puig de Massanella haben wir jetzt endlich im Blick.

Nach einer kurzen Trinkpause nehmen wir schließlich den Schlussanstieg zum kargen Gipfel des Puig de Massanella (1364m) in Angriff, der sich nun unverkennbar vor uns aufbaut. Eine knappe halbe Stunde stapfen wir noch durch die weitläufige Karstlandschaft, vorbei an wilden Rosmarinsträuchern, bis wir den Gipfel des Massanella leicht kraxelnd erreichen.

Mallorquinischer Hoch-Genuss

Puig de Massanella
AliasPico de Masanella
LandSpanien
InselMallorca
GebirgeTramuntana-Gebirge
Höhe1364 m
Koordinaten39°48′15″N, 02°51′00″E

Ein Handschlag besiegelt die gelungene Besteigung, dann holen wir den Proviant heraus und genießen das sagenhafte Panorama vom zweithöchsten Gipfel Mallorcas. Von hier oben haben wir praktisch einen Überblick über die gesamte Insel, vom Cap Formentor im Norden bis zu den Straßenzügen von Palma de Mallorca im Süden, von den Serres de Llevant im Osten bis zu den letzten Ausläufern des Tramuntana-Gebirges im Westen. Selbst der Puig de Galatzó (1027m), dem wir gestern noch einen Besuch abstatteten, lässt sich im Südwesten erkennen. Doch vor allem der Puig Major (1445m), dessen Spitze eine Radaranlage krönt, dominiert das Panorama. Nicht weit davon entfernt entdecken wir auch den Puig de sa Rateta (1113m), der morgen auf unserer Agenda steht. Ihm zu Füßen liegt der strahlend blaue Cúber-Stausee (750m).

Der Blick vom Puig de Massanella zum Puig Major und dem Cúber-Stausee.

Das Panorama im Westen wird vom Puig Major und dem Cúber-Stausee dominiert.

Da wir es heute nicht eilig haben, machen wir es uns hier oben erst einmal gemütlich. Während mein Begleiter eine lange Zeitraffer-Aufnahme macht, hole ich mal wieder Eichendorffs Taugenichts aus meinem Rucksack und lese ein paar Seiten. Erst nach einer Stunde — es ist gerade eine größere Wandergruppe angekommen — machen wir uns wieder auf den Weg.

Der Blick vom Puig de Massanella über die Berge des Tramuntana-Gebirges.

Die fabelhafte Fernsicht lädt zu einer langen Gipfelpause ein.

Der Südwestgipfel

Puig de Massanella (Südwestgipfel)
AliasPico de Masanella
LandSpanien
InselMallorca
GebirgeTramuntana-Gebirge
Höhe1355 m
Koordinaten39°48′13″N, 02°51′00″E

Bevor wir gleich den Abstieg ins Tal antreten, klappern wir noch schnell die Nebengipfel des Puig de Massanella (1364m) ab. Immer der Umrandung folgend erreichen wir zunächst in nur wenigen Minuten den Südwestgipfel (1355m).

Der Weg zum Südwestgipfel des Puig de Massanella im Tramuntana-Gebirge.

Unschwer geht es weiter zum Südwestgipfel des Puig de Massanella.

Der Südgipfel

Puig de Massanella (Südgipfel)
AliasPico de Masanella
LandSpanien
InselMallorca
GebirgeTramuntana-Gebirge
Höhe1352 m
Koordinaten39°48′16″N, 02°51′06″E

Nachdem wir im Anschluss auch noch dem Südgipfel (1352m) einen Besuch abgestattet haben, geht es nun wieder hinab zur Schnee-Ebene. Dort folgen wir den Steinmännern durch das Dissgras-Labyrinth und halten Ausschau nach einem dreikantigen Wegweiser, der den Abstieg zum Font de s’Avenc markiert.

Der Weg zum Südgipfel des Puig de Massanella im Tramuntana-Gebirge.

Auch dem Südgipfel statten wir noch einen Besuch ab.

Der Abstieg zum Font de s’Avenc

Unangenehm und schwer soll der Abstieg über diese Route sein, und so sind wir doch leicht angespannt, als wir den Wegweiser schließlich vor uns entdecken. Doch schnell merken wir, dass eigentlich kein Grund zur Sorge besteht. Über einen schmalen Geröllpfad landen wir bald schon wieder in einer verkarsteten Kalksteinwand, die abgeklettert werden will. Doch dank des griffigen Felses stellt das für geübte Bergwanderer keinerlei Probleme dar.

Der Abstieg vom Puig de Massanella in Richtung Font de s’Avenc.

Ein zauberhafter Abstieg führt uns hinab zum Font de s’Avenc.

Nach einer kurzen Hangquerung erreichen wir anschließend den Font de s’Avenc. Ein paar Stufen führen hier in eine kleine Kalksteinhöhle hinein, die eine kühle Quelle beherbergt. Kurz werfen wir einen Blick hinein, dann ziehen wir aber auch schon weiter.

Der Eingang zum Font de s’Avenc.

Geheimnisvoll: Ein paar Stufen führen hinab zum Font de s’Avenc.

Vertraute Wege

Je tiefer wir steigen, desto üppiger wird jetzt wieder die Vegetation. Nach 20 Minuten stehen wir wieder vor dem grün-weißen Wegweiser, den wir noch vom Aufstieg her kennen. Wir sind zurück am Avenc des Camí. Von jetzt an sind wir also wieder in vertrautem Terrain.

Der Abstieg vom Font de s’Avenc zum Avenc des Camí.

Die Vegetation entlang des Weges wird wieder üppiger.

Zügig rasen wir über die Serpentinen wieder den Bergwald hinab zum Coll de sa Línia, nicht ohne dabei noch einen unserer Trekkingstöcke bei einem Ausrutscher zu zersprengen. Anschließend folgen wir wieder dem Plätschern des Torrent de Comafreda hinab ins Tal. Beim Wachmann am Eingang der Finca geben wir unsere Wegzoll-Quittung ab und steigen anschließend flotten Schrittes wieder hinab zum Coll de sa Batalla (576m).

Das Vergnügen danach

Zu unserer Freude steht unser Auto noch da. Es wurde nicht abgeschleppt! Auch dieser letzten Sorge beraubt wollen wir jetzt noch auf einen Happen beim Restaurant Ca’n Gallet einkehren. Doch wie sich herausstellt, herrscht dort heute geschlossene Gesellschaft, und so müssen wir uns nach einer Alternative umsehen.

Als wir ein paar Minuten später zufällig am Restaurante Es Guix vorbeikommen, ist die Sache besiegelt. Obwohl wir vollkommen verschwitzt und verdreckt sind, erbarmt sich ein Kellner und führt uns zu einem Tisch auf der malerischen Terrasse. Nach den Strapazen des Tages lassen wir es uns jetzt gut gehen.

Der See am Restaurante Es Guix.

Das malerisch gelegene Restaurante Es Guix überblickt einen See samt Wasserfall.

Gestärkt von allerhand mallorquinischen Leckereien nutzen wir den Rest des Tages, um die Bucht von Sa Calobra zu besuchen, und den Abend gemütlich und entspannt an der Strandpromenade von Port de Sóller ausklingen zu lassen. Denn die nächste Bergtour im Tramuntana-Gebirge lässt nicht lange auf sich warten.

StationenDistanzDifferenzZeit
Coll de la Batalla
→ Coll de sa Línia +3,1 km248 m ↑ 0 m ↓+0h 55m
→ Avenc des Camí +1,0 km180 m ↑ 0 m ↓+0h 40m
→ Pla de sa Neu +1,0 km196 m ↑ 0 m ↓+0h 25m
→ Puig de Massanella (Haupt) ✝ +0,7 km174 m ↑ 10 m ↓+0h 40m
→ Puig de Massanella (SW) ✝ +0,3 km 10 m ↑ 19 m ↓+0h 10m
→ Puig de Massanella (S) ✝ +0,1 km 7 m ↑ 10 m ↓+0h 05m
→ Font de s’Avenc +0,7 km 0 m ↑232 m ↓+0h 30m
→ Avenc des Camí +0,6 km 5 m ↑121 m ↓+0h 25m
→ Coll de sa Línia +1,0 km 0 m ↑180 m ↓+0h 30m
→ Coll de la Batalla +3,1 km 0 m ↑248 m ↓+0h 45m
Gesamt 11,6 km820 m ↑820 m ↓ 5h 05m