Spontane Gipfelverlockungen

Auf Wildalpjoch, Käserwand und Seewand


29. April 2015 • Autor: brm.


Übersicht

Dieser Bericht beschreibt die Besteigung des Wildalpjoch, der Käser- und der Seewand in den Bayerischen Voralpen. Von Bayrischzell folgen wir der Route zum Wendelstein, zweigen ab der Wendelsteinalm ab und steigen auf zum Sattel zwischen Lacherspitz und Kesselwand. Hier wandern wir unschwierig bis zum Wildalpjoch und zur Käserwand. Im Rückweg besteigen wir anschließend über wegloses Gelände die Seewand und steigen dann über die Aufstiegsroute wieder ab. Erst kurz vor Bayrischzell biegen wir nach Osterhofen ab, wo wir den Zug zurück nehmen.

Schwierigkeit: T2GPS-Route: DownloadWanderkarte: Kompass 8

Überwältigendes Panorama

Ein traumhaftes Alpenpanorama breitet sich vor uns aus, als wir nach teils zäher Wanderung endlich am Sattel zwischen Lacherspitz (1724m) und Kesselwand (1721m) eintreffen: Direkt vor uns erheben sich das Wildalpjoch (1720m) und die Seewand (1664m), unsere heutigen Ziele, rechterhand der Lacherspitz, linkerhand die Kesselwand. Umrahmt wird diese Kulisse von einem herrlichen Weitblick auf den Alpenhauptkamm mit den markant hervorstechenden Großvenediger (3666m) und Großglockner (3798m) sowie auf das Kaisergebirge mit seinen felsigen und schneebedeckten Gipfeln. In unserem Rücken liegt der massive Gipfelaufbau des Wendelstein (1838m) mit seinen zahlreichen von Menschenhand erbauten Gebäuden. Eine gelbe Gondel schippert eben über das Drahtseil ins Tal.

Bildergalerie: Wildalpjoch, Käserwand & Seewand

Der Aufstieg von Bayrischzell (800m) bis hierher war unschwierig. Bei unserer Ankunft mit dem Zug war der Wendelstein (1838m) vom Bahnhof aus sichtbar und der Weg ausgeschrieben. Nach Verlassen des Luftkurorts wanderten wir über einen Waldpfad bis zum Bergcafé Siglhof (990m); lediglich unterbrochen von zwei Wasserfällen im Flusslauf des Legerwaldgraben – einer davon, die Grüne Gumpe, mitsamt Spielplatz. Ab dem Siglhof führte uns eine Forststraße, die am Ende in einen weiteren Waldpfad überging, zur Siglalm und der benachbarten DAV-Selbstversorgerhütte Siglhütte (1321m) und von dort die letzten Meter zur noch geschlossenen Wendelsteinalm (1420m). Von hier aus folgten wir dem begrasten Hang linkerseits des Lacherlifts, dessen Talstation direkt neben der Wendelsteinalm mit einem gelben Schild bestens markiert ist. Über teils wegloses Gelände erreichten wir schlussendlich die Bergstation, an welcher wir nun stehen und diese fantastisches Aussicht genießen sowie die ersten Frühlingsblumen bewundern.

Auf der Wiese hinter der Wendelsteinalm geht es hinauf zum Sattel.

Die Trabanten des Wendelstein

Wildalpjoch
LandDeutschland
GebirgeBayerische Voralpen
KammMangfallgebirge
Höhe1720 m
Koordinaten47°42′04″N, 12°02′10″E

Nachdem wir das tolle Panorama lange genug genossen haben, setzen wir uns langsam wieder in Bewegung. Die Lacherspitz (1724m) schieben wir auf, um ihn eventuell beim Rückweg noch zu besteigen. Zuerst wollen wir auf das Wildalpjoch (1720m). Über ein großes Schneefeld führt der Pfad leicht fallend Richtung Seewand (1664m). Nach einer Kuppe wandern wir steil nach unten und schließlich südlich der Seewand vorbei. Nach einer weiteren Bergkuppe – hier müssen wir etwas kraxeln – gelangen wir schließlich über einen steinigen Pfad auf das Wildalpjoch. Die Aussicht ist nicht minder schön wie zuvor am Sattel.

Besonders beeindruckt aber die tolle Sicht auf die zahlreichen weiteren Gipfel des Wendelsteinmassives, die neben dem Wendelstein (1838m) hier oben zu finden sind. Denn obwohl dieser mit Seil- und Zahnradbahn zahlreiche Touristen anlockt, sind die umliegenden Erhebungen nicht übermäßig gut besucht. So sehen wir neben Lacherspitz (1724m), Kesselwand (1721m) und Seewand (1664m) die am östlichen Rand des Massivs gelegene Käserwand (1690m) und die gegenüberliegende Soinwand (1756m). Im Soinkessel erkennen wir den großen Felsklotz Gschwandtpfeiler (1481m). Mit dem Bockstein (1555m) im Westen und dem Tagweidkopf (1634m) im Süden – beide für uns nicht sichtbar – gibt es noch zwei weitere lohnenswerte Gipfel. Wie Trabanten umkreisen sie den Gipfelaufbau des Wendelstein. Wir genießen diesen Blick und die herrliche Ruhe und trinken genüsslich ein paar Schlucke Wasser.

Der Blick auf die Käserwand beeindruckt.

Ein “Absacker” zur Käserwand

Käserwand
LandDeutschland
GebirgeBayerische Voralpen
KammMangfallgebirge
Höhe1690 m
Koordinaten47°41′54″N, 12°02′39″E

Anschließend will mein Partner die Pause noch etwas ausbauen und packt eine Ritter-Sport-Tafel sowie Weintrauben aus. Mich dagegen treibt es weiter. Und so einigen wir uns darauf, dass ich schnellen Schrittes die nahegelegene Käserwand (1690m) – auch Kaserwand oder Kaserer – ansteuere und anschließend zurückkehre. Vom Gipfel des Wildalpjoch (1720m) muss ich dafür nur wenige Meter nach unten und anschließend über eine grüne Wiese zum felsigen Gipfelaufbau. Einzig bei einem großen Schneefeld muss ich vorsichtig sein. Die Käserwand selbst erfordert schlussendlich leichte Kraxelei. Am geräumigen Gipfel bietet sich mir wiederum der tolle Blick nach Süden und ins Alpenvorland. Nur kurz mache ich Pause, verewige mich im Gipfelbuch und trete dann den Rückweg an. Wenige Minuten später bin ich wieder bei meinem Partner angekommen.

Spontan verkalkuliert

Seewand
LandDeutschland
GebirgeBayerische Voralpen
KammMangfallgebirge
Höhe1664 m
Koordinaten47°42′04″N, 12°01′47″E

Zusammen machen wir uns auf den Rückweg zum Lacherlift. Am Südhang der Seewand (1664m) – auch Seewandköpfl – angekommen, steige ich über wegloses Gelände zu dessen nahen Gipfel auf. Mein Partner passt auch hier, über den unangenehm kleinkörnigen steinigen Hang und die Latschen will er nicht hinauf. Oben angekommen trage ich mich daher auf dem engen Plateau nur im Gipfelbuch ein und werfe einen schnellen Rundblick auf das Umland: Die Soinalm (1420m) und der Soinsee – verantwortlich für den Namen der Seewand – im Soinkessel sind von hier oben zum ersten Mal zu sehen und perfekt zu erkennen. Noch immer umgeben von einem großen Schneefeld, über das eben zwei Skifahrer abfahren. Toll! Anschließend steige ich flott wieder zum Weg ab und gemeinsam kehren wir zur Bergstation des Lacherlifts zurück.

Über wegloses Gelände gelange ich zum Gipfel der Seewand.

Hier diskutieren wir kurz, wie wir fortfahren wollen. Denn wir sind heute viel zu spät losgefahren. Der Ausflug war eine spontane Entscheidung am Morgen und erst um 14 Uhr haben wir den Zug in Bayrischzell verlassen. Jetzt ist es bereits 18 Uhr. Und die letzte Gondel verlässt den Wendelstein (1838m) zu dieser Jahreszeit um 16 Uhr. Also müssen wir zu Fuß absteigen, was anfangs nicht unser Plan war. Wir haben uns gewaltig verkalkuliert und entscheiden uns daher, die Lacherspitz (1724m) für heute gut sein zu lassen. Die markante Kesselwand (1721m) dagegen wollen wir versuchen. Doch als wir deren Aufstiegsweg auf der Nordostseite erreichen, zwingt uns der Schnee nur wenige Meter unterhalb des Gipfelkreuzes zur Umkehr. Notgedrungen machen wir uns daher mit drei Gipfelerfolgen im Gepäck auf zum Abstieg über die Aufstiegsroute. Hätten wir etwas mehr Zeit, wären deutlich mehr Gipfel möglich. Denn diese sind hier oben im 15-Minuten-Takt abgehbar. Die Abstiegsroute ändern wir ab dem Bergcafé Siglhof (990m) und steigen statt nach Bayrischzell nach Osterhofen (791m) ab. Dort verpassen wir unseren Zug um wenige Minuten. Die Wartezeit auf den Folgezug versüßen wir uns, indem wir unseren letzten Proviant vernichten: Zwei Brezen, Weintrauben, Schokolade, Salamiwürstchen und Getränke. Und als der nächste Zug kommt, fahren wir zufrieden nach Hause, wohlwissend, hierher zurückzukommen und auch die letzten Gipfel zu besteigen.

StationenDistanzDifferenzZeit
Bayrischzell Bahnhof
→ Bergcafé Siglhof +1,8 km193 m ↑3 m ↓+0h 40m
→ Wendelsteinalm +2,4 km430 m ↑0 m ↓+1h 00m
→ Wildalpjoch ✝ +1,8 km361 m ↑61 m ↓+1h 25m
→ Käserwand ✝ +0,3 km37 m ↑67 m ↓+0h 10m
→ Seewand ✝ +0,8 km62 m ↑88 m ↓+0h 25m
→ Osterhofen Bahnhof +5,6 km58 m ↑931 m ↓+2h 10m
Gesamt 12,7 km1141 m ↑1150 m ↓5h 50m