Flucht vor den Flammen

La Gomera und Teneriffa


10. – 17.08.2012 • Autor: bra. & mop.


Übersicht

Dieser Bericht beschreibt unseren achttägigen Aufenthalt auf La Gomera und Teneriffa im Atlantischen Ozean. Nach unserer Ankunft in Teneriffa setzen wir mit der Fähre über nach La Gomera. Dort genießen wir drei tolle Tage, inklusive der Besteigung des Pico de la Mérica. Anschließend müssen wir vor Waldbränden nach Teneriffa flüchten und verbringen schließlich dort die restliche Zeit. Dabei besteigen wir den Pico del Teide.

Tag 1: Erst einmal ankommen!

Nach Ankunft am Flughafen Teneriffa-Süd kurz vor der Überfahrt mit der Fähre (45min) treffen wir gleich die ersten Deutsch sprechenden Wanderer: ein österreichisches Paar, welches uns eine Mitfahrgelegenheit zum Campingplatz – in der Mitte der Insel liegend – anbietet.

Noch auf Teneriffa mussten wir erfahren, dass die am Vortag noch eingedämmten Waldbrände auf Gomera wieder ausgebrochen waren. Bei der Ankunft in San Sebastian, der Hauptstadt Gomeras, konnten wir uns davon selbst überzeugen: Auf einer Bergkette waren Flammen und jede Menge Rauch zu sehen. Sowohl unsere geplante Absteige, der einzige Campingplatz, als auch weite Teile des Nationalparks und die höchste Erhebung – der Alto de Garajonay (1487m) – waren unzugänglich. Wir hatten keine Unterkunft und keine Möglichkeit, aus San Sebastian herauszukommen. Was nun? Gott sei Dank halfen uns die Österreicher mit ihrem Mietwagen aus und nahmen uns bis ins Valle Gran Rey im Südwesten der Insel mit („ganz lassig“). Wir stiegen auf eigenen Wunsch im oberen Teil des Tals aus, um uns einen Schlafplatz im Freien zu suchen. Das gestaltete sich jedoch schwierig: Die Insel ist zu steil. Außer der Straße gab es praktisch keine flachen Ebenen. Nach ein paar kleineren Schwierigkeiten (erster einigermaßen passender Platz – Polizeiauto entdeckt uns – scheucht uns weiter) hatten wir endlich eine passende Stelle gefunden: eine kleine angelegte Fläche am Straßenrand mit Büschen. Hier fanden wir endlich ein wenig Ruhe.

Bildergalerie: La Gomera & Teneriffa

Tag 2: Wasserfallwanderung

Am nächsten Morgen hieß es um 4 Uhr aufstehen und hinab zum Strand. Nach einem kleinen erfrischenden Bad und einem ausgiebigen Frühstück (Haferflocken, Milchpulver und Wasser) entschieden wir uns für eine „Wasserfallwanderung“ im Valle Gran Rey. Beginnend bei El Guro zweigt der Wanderweg nach links ab. Von hier an geht es über Stock und Stein einen von steilen Hängen umgebenen kleinen seichten Bach entlang. Nach ein paar kurzweiligen Outdoor-Übungen (Steinspringen, Kraxeln, Robben und „Wege-im-Bambusdickicht-suchen“) kommt man schließlich am Wasserfall an. Hier ist jedoch noch nicht Schluss – jetzt waren einfache Kletterfähigkeiten gefragt: Auf der linken Seite konnte man den Wasserfall hinaufklettern und dem Pfad weiter folgen (zur Unterstützung wurde sogar ein Seil befestigt). Nach einer kleinen gemütlichen Pause mit Seidenbacher Riegeln und dem erstmaligen Flaschenauffüllen am Bach – ein paar Tropfen eines Entkeimungsmittels bannen die Gefahr eines „schnellen Abgangs“ – gingen wir weiter. Hier entdeckten wir auf der linken Seite unsere zweite Übernachtungsmöglichkeit: ein von Hippies in den 50er oder 60er Jahren angelegtes, leicht erhöht liegendes Plateau, mit Palmen gesäumt, abseits der Zivilisation. Wir machten es uns hier gemütlich, bauten mit Palmwedeln und Steinen ein provisorisches Gepäcklager, genossen die warmen Sonnenstrahlen, das beruhigende Rauschen des Baches ... und ... das „idyllische“ Surren der Löschflugzeuge, die bis zum Sonnenuntergang über unsere Köpfe hinweg flogen. Nach einer weiteren gehaltvollen Mahlzeit (Frucht- und Energieriegel) planten wir die nächsten Tage – die Wanderwege an den Außenstraßen entlang Richtung Norden, dort den Nationalpark besichtigen. Wir lassen uns vom Feuer doch nicht vorschreiben, was wir zu machen haben!

An dieser Stelle verbringen wir unsere zweite Nacht.

Tag 3: La Mérica

An diesem Tag nahmen wir uns unseren ersten Gipfel vor: den Pico de la Mérica (857m). Vom Strand in La Calera stiegen wir über Serpentinen die steilen Küstenhänge dieses aussichtsreichen Berges hinauf. Dabei passierten wir auch einen Aussichtspunkt mit lohnenswertem Panoramablick, sowohl ins Valle Gran Rey als auch auf die westliche Steilküste und den Hafen von La Calera. Nach einer Stunde war es dann geschafft, und wir erreichten den einsamen Gipfel. Nachdem wir dort oben einen tollen Sonnenuntergang genossen hatten, stiegen wir flotten Schrittes wieder nach La Calera hinab. Dort wollten wir uns noch mit unseren österreichischen Freunden zum Abendessen treffen, um den Tag gebührend ausklingen zu lassen.

Die entspannte Atmosphäre beim Abendessen hielt leider nur kurz – in hektischer Manier wurden die Stühle und Tische im Außenbereich trotz bestem Wetter verräumt. Etwas konsterniert ob dieses kuriosen Verhaltens ließen wir uns das Essen trotzdem schmecken. Als wir jedoch noch ein Wasser bestellen wollten, wurde dies sofort abgelehnt. Grund: Das Restaurant schließt, die Stadt wird evakuiert, das Feuer ist bereits im Tal und breitet sich Richtung Süden aus! Alle zum Hafen!

Nach diesem doch recht abrupten Ende unseres Dinners sammelten wir unsere Sachen und folgten unseren Gastgebern zu ihrer Unterkunft am Strand. Das ganze Dorf war in Aufruhr, Autos hupten und fuhren Richtung Hafen, Menschen packten in aller Eile ihre sieben Sachen. Auch uns wurde ob dieser hektischen Betriebsamkeit etwas mulmig. Doch die Besitzerin des Hauses wollte uns beruhigen – es handele sich nur um eine freiwillige Evakuierung, und selbst wenn das Feuer kommen sollte, bräuchte man sich nur hinter das Haus an den Strand begeben und wäre sicher. Dass das Ganze aber nicht so ganz locker zu sehen war, wurde spätestens dann klar, als man den Schein des im oberen Teil des Valle Gran Rey befindlichen Feuers sehen konnte. Ist es wirklich so sicher? Wo sollen wir unterkommen? Doch am Hafen? Oder am Playa del Inglés? Wir entschieden uns für letzteres – abgeschieden, staubtrocken, ohne Büsche oder Pflanzen, und gleich am Strand erhebt sich die 800 Meter hohe Klippe – hier hat das Feuer keine Chance zu siegen.

Der Feuerschein zeigt sich hinter einer Felswand.

Es zeigte sich, dass wir einmal mehr alles richtig gemacht haben: eine ruhige und idyllische Nacht am Strand, nur das Wellenrauschen und ein einzigartiger Sternenhimmel. Aufgrund des Perseiden-Meteorstroms konnten wir eine Vielzahl an Sternenschnuppen beobachten – die Anzahl an Sternschnuppen erreichte genau zu dieser Nacht ihr Maximum. Und Gott sei Dank wurde unser Schlaf auch nicht durch ein Feuer gestört.

Tag 4: Gomera war gestern! Überfahrt nach Teneriffa

Auf diesen wirklich famosen Vortag folgt nun ein eher unspektakulärer Tag. Wir erkundigen uns natürlich zuerst, was aus dem Feuer geworden ist und müssen erfahren, dass es bis El Guro vorgedrungen ist, also dort, wo wir am Vortag geschlafen haben. Dort ist jetzt wohl alles schwarz-grau... Es ist ein ungutes Gefühl, zu merken, wie schnell es einen erwischen kann. Jetzt sind sogar alle Wanderwege gesperrt. Da wir sicherlich nicht aufgrund eines Strandurlaubes hier sind, hält uns auf La Gomera nichts mehr und wir beschließen schweren Herzens, die restlichen Tage auf Teneriffa zu verbringen.

Glücklicherweise wurde aufgrund der Waldbrände eine Verbindung per Schnellboot nach San Sebastian eingerichtet. Somit hatten wir noch die Möglichkeit, La Gomeras zerklüftete Südküste kennenzulernen. Im Anschluss ging es mit der Fähre gleich weiter nach Teneriffa.

Nach unserer Ankunft in Teneriffa (Los Cristianos) machte sich erst einmal große Ernüchterung breit – statt einsamen Stränden, Sternenhimmel und Natur entdeckten wir Hotels, Restaurants und laute Partymeilen. Wir waren fest entschlossen, diesen Zustand nicht anhalten zu lassen! Nach einem ausgiebigen Abendessen und kurzer Informationsgenerierung aus erster Hand entschlossen wir uns, am nächsten Tag den Pico del Teide (3718m) – das Dach Spaniens – zu besteigen.

Tag 5 & 6: Hinauf auf den Pico del Teide

Nach einer im Vergleich sehr durchschnittlichen Nacht im Hotel („Mensch, irgendwie passt des ned, ohne Wind und so.“ – „Ach, geht’s dir auch so?“) holten wir uns weitere Auskünfte und machten uns auf zur zweitägigen Tour auf den Pico del Teide (3718m). Nachdem uns ein Bus etwa 2000 Meter unterhalb des mächtigen Vulkans abgesetzt hatte, arbeiteten wir uns mit unseren schweren Rucksäcken durch eine Mondlandschaft langsam nach oben. Nach einer äußerst kalten Nacht im Freien unweit des Refugio nahmen wir schließlich auch die letzten 300 Höhenmeter in Angriff. Auf dem Gipfel des Pico del Teide wurden wir dann aber mit einem unvergesslichen Sonnenaufgang gebührend belohnt. Noch berauscht von dieser tollen Erfahrung machten wir uns anschließend wieder auf den Rückweg.

Eidechsen sind auf den Kanaren keine Seltenheit.

Bei unserer Rückkehr nach Los Cristianos verbrachten wir einen schönen warmen Tag am Strand und waren ausnahmsweise froh über unser Hotelzimmer.

Tag 7: Trekking im Norden Teneriffas

Am nächsten Tag dann ging es per Bus nach Punta del Hidalgo, um als Abschluss unserer Reise noch eine kleine Wanderung zu unternehmen und auf einem Campingplatz zumindest für eine Nacht das Zelt aufzubauen und zivilisiert zu übernachten. Am gleichen Tag unternahmen wir noch unsere letzte wirkliche Wanderung in das im Hinterland gelegene Anaga-Gebirge, um auf einen kleinen Berg in Eigenregie eine „Erstbesteigung“ durchzuführen. Wenn man den Startpunkt gefunden hat, gewinnt man einen hervorragenden Überblick über die kleine Siedlung im äußersten Norden Teneriffas. Die Wanderung selbst zieht sich an den Berghängen entlang. Es fällt auf, dass der Norden eindeutig ein feuchteres Klima aufweist: Die Hänge sind relativ grün und es wachsen auch kleine Bäume. In kleinen Trampelpfaden gewinnt man an Höhe, bis man zu einer Abzweigung kommt mit dem Schild „Las Cuadras“. Von hier aus sind wir dann auf den nächsten Berg geklettert (es führte kein direkter Wanderweg hinauf) und haben eine grandiose Aussicht auf den vor uns liegenden Atlantik und auf den linkerhand sich befindenden Pico del Teide (3718m) genossen.

Danach ging es wieder zurück zum Campingplatz. Bevor wir uns das erste Mal in diesem Urlaub in unser Zelt legten, verbrachten wir einen entspannten Abend am Strand und genossen die Sonne, den Sonnenuntergang, den Sternenhimmel und die „frischen“ Düfte, die aus dem nahe gelegenen Klärwerk auf uns einströmten.

Das Hinterland von Teneriffa: Hier kann man die Natur genießen.

Tag 8: Abreise

Der letzte Tag begrüßte uns mit einer frischen Brise, einem schönen Sonnenaufgang und in Wolken getauchten Berghängen. Nach einem kleinen Spaziergang durch Punta del Hidalgo ging es mit dem Bus Richtung Flughafen und zurück in die Heimat.

Fazit

Sowohl La Gomera als auch Teneriffa sind für Wanderer, die einsame Strände und anspruchsvolle, aber schöne Wanderungen unternehmen wollen sehr gut geeignet. Vorausgesetzt es gibt keine Waldbrände. Generell bietet La Gomera weitaus mehr Wandermöglichkeiten als Teneriffa. Wer den besonderen Kick und eine sehr enge Bindung zur Natur haben will, sollte die Möglichkeit nutzen und durchaus auch einmal im Freien nächtigen (sei es am einsamen Strand in Gomera, auf den Hügeln in Gomera oder auf dem Teide). Trotz offiziell verbotenem Wildcampen gibt es ausreichend Möglichkeiten unentdeckte Schlafmöglichkeiten zu finden. Wer den Teide besteigen will, um den Sonnenaufgang zu sehen, sollte auf jeden Fall auch entsprechende Ausrüstung dabei haben, um Minusgraden standzuhalten. Der Pico del Teide ist technisch nicht anspruchsvoll und geht ohne Hand anzulegen. Lediglich im Sommer sollten die hohen Temperaturen und der komplett schattenlose Auf- und Abstieg beachtet werden. Für Einsteiger eine geeignete Tour und das trotz der beachtlichen Höhe.

Wir können für uns feststellen, dass die ganze Woche uns sehr viel Spaß gemacht hat, auch wenn unsere Planungen häufig „im Sande verlaufen sind“ und wir manches mal das Gefühl hatten, wie Bear Grylls (wer kennt ihn nicht, das sagenumwobene, schlangenessende und käferverschlingende Monstrum) in der freien Natur ohne Hilfsmittel den Naturgewalten ausgesetzt zu sein.