6 Below – Verschollen im Schnee

Filmkritik


★ ★ ★ ☆ ☆


29. Dezember 2017 • Autor: red.


Erics (Josh Hartnett) Leben ist ein Trümmerhaufen. Die Beziehung zu seinem Vater ist zerrüttet, seine Karriere als Eishockey-Profi gescheitert, und dank seiner Drogenabhängigkeit droht sich nun auch noch seine Mutter (Mira Sorvino) von ihm abzuwenden. In der Hoffnung, seinen Problemen zumindest für einen Tag lang entfliehen zu können, schnappt er sich sein Snowboard und fährt in die Berge. Als am späten Nachmittag schließlich ein schwerer Schneesturm über den High Sierras aufzieht, entscheidet sich Eric, einen letzten Lauf zu wagen. Im dichten Schneetreiben verliert er – abseits der gesicherten Pisten – jedoch schon bald die Orientierung. Dann bricht die Nacht herein. Ohne Kontakt zur Außenwelt, ohne Proviant muss er sich nicht nur mit der unerbittlichen Natur, sondern auch mit seiner Vergangenheit auseinandersetzen. Es beginnt ein Kampf ums nackte Überleben!

6 Below basiert auf der Lebensgeschichte des Franco-Amerikaners Eric LeMarque. Am 06. Februar 2004 verschwand der ehemalige Eishockey-Profi – der Mitte der 90er unter anderem für die Boston Bruins sowie die französische Olympia-Mannschaft spielte – beim Snowboarden in der Sierra Nevada. Regisseur Scott Waugh, der in seiner Kindheit mit LeMarque befreundet war und erst Jahre später von dessen Martyrium erfuhr, nahm sich des Stoffes an und formte daraus ein sehenswertes Outdoor-Drama. Dabei versucht Waugh den wahren Begebenheiten so treu wie möglich zu bleiben, und verzichtet konsequenterweise auf jegliche Ausschmückungen. Hier gibt es keine hinzugedichtete Liebesgeschichte, keine fiktiven Bärenattacken. Nur einen Mann und die Wildnis.

Getragen wird der Film vor allem von Josh Hartnetts mitreißender Performance. Nachdem der ehemalige Frauenschwarm lange Zeit aus dem Fokus der Öffentlichkeit verschwunden war, liefert er in 6 Below eine der besten Leistungen seiner Karriere ab. Auch Oscar-Preisträgerin Mira Sorvino, die LeMarques verzweifelte Mutter spielt, weiß zu überzeugen. Komplettiert wird der überschaubare Cast von Sarah Dumont, die in einer Nebenrolle als Leiterin der Bergwacht in Erscheinung tritt, aber insgesamt eher blass bleibt.

Neben dem hervorragenden Cast verdient vor allem die Arbeit von Kameramann Michael Svitak großes Lob. Ohne den Einsatz von CGI verwandelt er die winterliche Wasatchkette in Utah – dort fanden die Dreharbeiten statt – in einen wunderschönen, aber gnadenlosen Gegenspieler. Wenn Eric unter einem geradezu romantischen Sternenhimmel durch dichte Schneefahnen stapft und der Wind ihm um die Ohren pfeift, kommt man nicht umhin, auf dem heimischen Sessel mitzuleiden. Verstärkt wird das Filmerlebnis durch den Einsatz neuer, immersiver Technologien. So ist 6 Below nicht nur der erste Spielfilm mit nativer 6K-Auflösung, sondern auch der erste Langfilm, der das neue Barco-Escape-Format verwendet.

Doch letztlich hat 6 Below auch seine Schwächen. So stören nicht nur die unnötigen Rückblenden, die Erics Vergangenheit beleuchten sollen, sondern auch die mäßige Charakterentwicklung. Was bleibt ist ein durchaus sehenswerter Film, der allerdings nicht an vergleichbare Produktionen – wie zum Beispiel 127 Hours mit James Franco – heranreicht.

Titel: 6 Below • Spielzeit: 98 Minuten • Freigabe: ab 12 Jahren • Release: 2017