Der Wild Pacific Trail

Wale, Wellen und wildes Wasser


08. Januar 2015 • Autor: red.


Übersicht

Dieser Bericht befasst sich mit dem Wild Pacific Trail in Ucluelet. Zunächst begebe ich mich auf den nördlichen Abschnitt des Trails, der vom Big Beach über Brown Beach, die Artist Loops und die Ancient Cedars zu den Rocky Bluffs führt. Nach einem kurzen Mittagssnack in Downtown Ucluelet wende ich mich schließlich dem Lighthouse Loop im Süden zu, wo ein fabelhafter Sonnenuntergang diesen entspannten eintägigen Trek passend abrundet.

Schwierigkeit: T2GPS-Route: Download

Die Ankunft im Paradies

Mit gemischten Gefühlen sitze ich im Bus nach Ucluelet, einem kleinen Küstenort an der Westküste Vancouver Islands. Es ist Anfang Januar: Sturmsaison. Nahezu täglich peitschen gigantische Winterstürme vom Pazifik her über die zerfurchte Küstenlinie. Sogar ein Tourismuszweig hat sich in dieser Gegend etabliert, der auf diesen spektakulären Naturschauspielen fußt, das sogenannte Storm Watching. Für meinen Trip hoffe ich hingegen auf etwas besseres Wetter. Immerhin plane ich, mich auf den Wild Pacific Trail zu begeben. Dieser acht Kilometer lange Wanderweg entlang der abwechslungsreichen Pazifikküste wurde von vielen Reisemagazinen zur beliebtesten Attraktion in British Columbia gekürt.

Am frühen Nachmittag trudle ich schließlich mit dem Tofino Bus in Ucluelet ein. Die Kleinstadt macht einen recht urigen Eindruck und wirkt weit weniger touristisch als ihre Nachbargemeinde Tofino im Norden. Vorbei an kleinen Lebensmittelgeschäften und Fischrestaurants wandere ich an der relativ ruhigen Hauptstraße entlang und suche nach der Tourist Information, um mir dort eine Wanderkarte für morgen zu besorgen. Der Tag ist schon zu weit vorangeschritten, um den Wild Pacific Trail zu gehen. Darum lasse ich es heute etwas gemütlicher angehen. Nach einem kurzen Plausch mit der netten Dame im Touristenzentrum beschließe ich noch einen kurzen Abstecher zu einem Strand namens Big Beach zu machen. Glücklicherweise ist das Wetter heute ausgezeichnet, und es sind keine Wolken, geschweige denn Stürme, am Himmel zu beobachten.

Ein erster Abstecher zum traumhaft schönen Big Beach.

Als der Abend hereinbricht, verziehe ich mich schließlich in meine Jugendherberge. Zwar hatte ich bereits geahnt, dass im Januar nicht viele Gäste zugegen sein würden, doch dass ich nun ganz allein das gesamte Hostel für mich habe, überrascht auch mich ein wenig. Entspannt breite ich mich im großen Gemeinschaftsraum aus und informiere mich über die Route für die morgige Tour. Während ich sorgfältig die Wanderkarte studiere, gibt es plötzlich einen lauten Schlag und die Wände wackeln. Zuerst vermute ich, die Heizung ist dafür verantwortlich. Doch später stellt sich heraus, dass gerade ein Erdbeben der Stärke 4,8 den Nachbarort Tofino getroffen hat. Verletzt wurde dabei niemand, und auch der Tsunami-Alarm blieb glücklicherweise aus. Somit kann ich mich etwas später auch guten Gewissens in mein Schlafgemach begeben und ins Reich der Träume entschwinden.

Etappe 1: Zwischen Big Beach und den Rocky Bluffs

Ein neuer Tag bricht an. Die Sonne scheint, ein lauer Wind bläst vom Pazifik her. Mit einem spärlich gepackten Rucksack begebe ich mich zum Startpunkt des Wild Pacific Trails – das heißt, zum Startpunkt des nördlichen Abschnittes. Immerhin untergliedert sich der Wanderweg in zwei Teile, den zirka 5,5 Kilometer langen Nordteil zwischen Big Beach und den Rocky Bluffs und dem 2,5 Kilometer langen Lighthouse Loop im Süden.

Die erste Etappe beginne ich am Big Beach, welchen ich über den Matterson Drive erreiche. Vorbei an ein paar einsamen Picknicktischen wandere ich zum Strand hinunter. Große Baumstämme, die als Treibholz angespült wurden, sowie tausende kleine Muscheln liegen auf dem sandigen Untergrund herum. Stumme Zeugen der Pazifikstürme. Einige Meter weiter prägen raue Felsformationen die Küstenlinie. Mit beeindruckender Kraft brechen sich teils meterhohe Wellen an den schwarzen Felsen. Wie zerstörerisch diese Naturgewalten werden können, zeigen die Überreste eines Schiffwracks, welches im südlichen Abschnitt des Big Beach vorzufinden ist. Nach einem kleinen Abstecher dort hin, beginne ich schließlich meine Erkundung des Wild Pacific Trails.

Tausende kleine Muscheln liegen verstreut am Strand.

Über einen breiten, gut begehbaren Pfad geht es zunächst nach Norden Richtung Brown’s Beach. Dabei überquere ich eine kleine Brücke und passiere das Black Rock Resort, eine traumhaft gelegene Ferienanlage. Der Weg führt weiter an der zerfurchten Küste entlang und gibt immer wieder tolle Blicke auf den Pazifik preis. Nach ungefähr 15 Minuten erreiche ich schließlich Brown’s Beach, eine kleine, unscheinbare Lagune. Ein markanter Fels ragt inmitten des Strandkessels heraus. Rundherum zeugen meterlange Baumstämme von den Naturgewalten des Pazifiks.

Klein, aber fein! Der unscheinbare Brown’s Beach.

Nach einer kurzen Erkundungsrunde wende ich mich wieder dem Hauptweg zu. Über einen Parkplatz erreiche ich eine hölzerne Treppe, die mich nun etwas tiefer in den Küstenwald hineinführt. Der Weg läuft zunächst parallel zur Odyssey Lane entlang, ehe er sich wieder der rauen Pazifikküste zuwendet. Der Duft von frisch geschnittenem Zedernholz liegt in der Luft, eine laue Brise weht durch die Bäume, und der wilde Pazifik treibt meterlange Holzstämme in die schwarzen Küstenfelsen. Unter diesen Eindrücken läuft der Weg nun einige Kilometer in nördlicher Richtung. Dabei bieten die zahlreichen Bänke entlang des Pfades immer wieder die Möglichkeit für eine kurze Verschnaufpause mit herrlichem Ausblick auf die tosenden Wellen. Über die sogenannten Artist Loops und die Ancient Cedars erreiche ich schließlich nach 90 Minuten die Rocky Bluffs. Dieser raue Küstenabschnitt ist das vorläufige Ende der ersten Etappe. Eine Erweiterung des Trails in nördlicher Richtung ist momentan jedoch in Planung und dürfte in den kommenden Jahren verwirklicht werden. Voller Zufriedenheit setze ich mich auf eine der vielen Parkbänke, mache eine kleine Brotzeit, und erfreue mich an der umwerfenden Naturidylle. Zweifelsohne ist dieses Fleckchen Land eines der schönsten, die ich je besuchen durfte.

Die Rocky Bluffs markieren das Ende der ersten Etappe.

Intermezzo

Gestärkt von einer kleinen Brotzeit trete ich den Rückweg an. Da die erste Etappe des Wild Pacific Trails kein Rundweg im eigentlichen Sinne ist, folge ich demselben Pfad gezwungenermaßen wieder zurück in südlicher Richtung und biege nach 5,5 Kilometern schließlich wieder in Downtown Ucluelet ein. Im Supermarkt kaufe ich mir noch schnell etwas zu trinken – heute ist es nämlich erstaunlich warm – und mache mich anschließend auf zur zweiten Etappe der Tour: dem Lighthouse Loop.

Downtown Ucluelet ist scheinbar auch bei Vierbeinern beliebt.

Etappe 2: Lighthouse Loop

Über einen langen Marsch auf der Peninsula Road gen Süden, vorbei am Little Beach und am Terrace Beach, erreiche ich den Startpunkt der zweiten Etappe im He-Tin-Kis Park. Große Hinweisschilder am Parkplatz künden nicht nur von der Artenvielfalt entlang des Weges, sondern vermitteln auch einen guten Eindruck über den Weg, der mir bevorsteht. Der Lighthouse Loop ist mit 2,5 Kilometer zwar deutlich kürzer als die erste Etappe, aber nicht minder idyllisch.

Zu Beginn führt der Weg durch dichten Forst, ehe er die Coast Guard Road kurzfristig kreuzt. Anschließend führt der Pfad weiter gen Süden durch den ruhigen Küstenwald. Nach 15 Minuten lichtet sich der Wald ein wenig, und ich erreiche das südliche Ende der Halbinsel. Zwischen den Bäumen strahlen das wilde Wasser des Pazifiks sowie unzählige kleine Inseln hervor. Hunderte Schiffe sind im Laufe der Jahre an dieser zerklüfteten Küstenlinie auf Grund gelaufen und gesunken. Viele Seefahrer bezeichnen diese Gegend daher auch treffend mit dem Begriff Graveyard of the Pacific – der Friedhof des Pazifiks. Glücklicherweise ist heute aber alles in bester Ordnung.

Bildergalerie: Wild Pacific Trail

Dem Weg nach Westen folgend erreiche ich nach einigen Minuten die Hauptattraktion der zweiten Etappe: das Amphitrite Lighthouse. Der urige Leuchtturm wurde 1906 gebaut, um Seefahrern bei der sicheren Navigation entlang der Westküste zu helfen. Während ich auf das kleine Gebäude und den dahinterliegenden Ozean hinüberblicke, sehe ich im Augenwinkel wie ein Killerwal plötzlich aus dem Wasser herausspringt und genauso schnell wieder in den Tiefen des Pazifiks verschwindet. Ich warte einige Minuten ab, ob er wieder auftaucht, doch eine Zugabe kriege ich leider nicht zu sehen. So setze ich meine Wanderung langsam wieder fort und folge dem Küstenpfad nun in nördlicher Richtung. Wie gewohnt ist die Landschaft entlang des Weges einfach nur traumhaft und steht der ersten Etappe in nichts nach. Nach einer knappen Dreiviertelstunde ist es dann geschafft, und ich habe den Ausgangspunkt des Lighthouse Loop wieder erreicht. Anschließend kehre ich über die Peninsula Road zurück nach Downtown Ucluelet, wo ich den Tag in einem netten, kleinen Restaurant gebührend ausklingen lasse.

Die zweite Etappe des Wild Pacific Trails führt am Leuchtturm vorbei.

Fazit

Der Wild Pacific Trail in Ucluelet gilt zu Recht als die beliebteste Attraktion in British Columbia. Der wilde Pazifik, die ruhigen Zedernwälder und die eindrucksvollen Sandstrände entlang der Küste sind an Schönheit kaum zu überbieten. Zudem ist der Wanderweg ausgesprochen gut hergerichtet und bietet mit seinen zahlreichen Parkbänken auch die Möglichkeit für die ein oder andere Verschnaufpause. Für die nördliche Etappe sind ungefähr 90 Minuten (5,5 Kilometer einfach) zu veranschlagen. Der Lighthouse Loop im Süden (2,5 Kilometer) lässt sich sogar in knappen 45 Minuten problemlos bewältigen.

StationenDistanzDifferenzZeit
Ucluelet
→ Big Beach +0,3 km 5 m ↑ 15 m ↓+0h 10m
→ Rocky Bluffs +3,9 km 20 m ↑ 30 m ↓+1h 15m
→ Ucluelet +4,5 km 40 m ↑ 20 m ↓+1h 30m
→ He-Tin-Kis Park +1,6 km 10 m ↑ 20 m ↓+0h 15m
→ Amphitrite Lighthouse +1,3 km 0 m ↑ 20 m ↓+0h 20m
→ He-Tin-Kis Park +1,6 km 30 m ↑ 10 m ↓+0h 25m
→ Ucluelet +1,6 km 20 m ↑ 10 m ↓+0h 15m
Gesamt 15,0 km125 m ↑125 m ↓ 4h 10m